Die Dunkelzeit neigt sich ihrem Umkehrpunkt zu: Morgen ist jener kosmische Tag der Wintersonnenwende; hier im Westen fast vergessen. – Hab mal irgendwo gelesen, dass die Geburt Christi damals mit diesem Tag übereinstimmte, was ja – auch unabhängig vom christlichen Kontext – ein schönes Aufeinandertreffen von natürlichen Finsterstunden und menschlichem Retterlicht ist; aufgrund der Präzession wurde dieses Datum auf den 21. bzw. 22. Dezember vorverlegt – aber was weiß ich schon … das weiß ich: Nachdem in der zum Träumen und zur Demut anregenden Netflix-Doku-Serie Ancient Apocalypse ein kurzer Clip eingespielt wurde von Sonnenuntergängen aufeinanderfolgender Tage, und unser Stern mit jedem Abend weiter nach links über den Horizont wanderte, bis zu einem gewissen Punkt, an dem er dann verweilte und wieder nach rechts zurückwanderte, wurde mir klar, warum es Winter- respektive Sommersonnenwende bedeutet: Dies sind nicht nur die Tage der längsten Dunkelheit oder Helligkeit (in unseren Breitengraden), nein: Sondern im Laufe eines Jahres geht unsere Sonne von einem Endpunkt zum anderen unter, stetig, hin und her als Erdenpendel, jahrein jahraus. Und dies hatte ich heuer auch mit eigenen Augen erlebt: Durch meine Wohnung, die mit freiem Blick in Richtung Südwesten ein ganzes Jahr lang Sonnenuntergänge zeigt – welche mir, dank der Serie dann, wie als eine große Erinnerung kamen: Zum Sommer hin sah ich den Lichtball noch untergehen hinter dem Kahlenberg rechts; jetzt zum Winter hin verschwand er links in der Nähe des schmaleren Augarten-Flakturms (dessen Zipfel über ein langes Dach im nun verlassenen Nordbahngelände ragt). Lange Rede, kurzer Sinn: Die beiden Sonnenwenden, zusammen mit den beiden Äquinoktien (Tagundnachtgleiche) im März und im September, sind nicht irgendwelche mythologischen Pseudo-Traditionen (die man in meiner Generation vielleicht nur aus der Serie Avatar: The Last Airbender kennt), nein: Das sind einfache und genaue Bezeichnungen für kosmische Phänomene, die wir von der Erde aus wahrnehmen können – und die von unsere Urahnen auch, aus irgendwelchen Gründen, wieder und wieder in ihren nahezu zeitlosen Bauten verewigt worden sind.

Unfassbar, dass dieses Jahr schon zu Ende geht. Dieses so wundervoll durchwachsene Jahr. Von Ängsten und Hoffnungen; Liebe und Enttäuschungen; von Depressionen und Stärke; Verliebtheit und Kälte; von Körperleistung und Regungslosigkeit; von Nüchternheit und Rausch; von unerwarteten Komplimenten und Beleidigungen; von Lektionen und Ignoranz; Ekstase und Gleichmut; Erfolge und Scheitern; Freunde und Feinde; von guter Kunst und schlechter, von schaffen und lassen; von Zukunft und Vergangenheit; Möglichkeiten und Traumata, Leben und Tod …

Danke! Jedem einzelnen Menschen, der sich hier Zeit nimmt – und vielleicht berührt wird. – 2023 wird ein gutes Jahr. Das spüre ich. (Die 4. Fassung von Netzlos kommt zum Schluss und wird in einem Verlag, den ich finden werde, veröffentlicht; Leinwände versuche ich nicht zu verkaufen, um Anfang 2024 eine erste Ausstellung zu organisieren; und die ersten Auftritte mit meiner Band Jitrawa werden stattfinden – nur: Angaben ohne Gewähr. Habe dafür schon zu oft miserabel eingeschätzte „Deadlines“ nicht eingehalten).
Also: Alles Liebe und ein Wiedersehen oder -hören im neuen Jahr – auf einer hoffentlich neu gestalteten Website!

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