Eine verrauchte Schenke mit versifften Vorgängen. Qualmende Stängel auf der Theke. Der Gestank beißt in der Nase, und in das Gewissen. In der einen Ecke stehen drei Weiber und tuscheln aufgeregt, in der anderen hockt ein gelangweiltes Pärchen. An der Theke sitzen fünf Männer, der Jüngste kaum 20, der Älteste mindestens 70.
Kratziges Geschwafel von dem Alten strömt in die Ohren der Betrinkenden. Seine wulstigen Lippen formen selbstverliebte Geschichten über den Krieg, über seinen Erfolg – der, der mehr prahlt hat wohl den Größeren – und jetzt will ihn jeder darbieten. Eine keimende Kneipe, in der der Alkohol unerbittlich fließt und mit jeder Stunde ein neues Zeitalter der Betrunkenheit anbricht. Geheucheltes Gelache, missverstandene Pointen. Der scheinbare Respekt bewahrt das Geschwätz. Betrunkenes Lallen, benebelte Sicht. Wahrgenommenes sogleich vergessen. Mehr und mehr wie in einem Traum. Ein induzierter Traum, der sich an die Schmerzen schmiegt – die schreckliche Vergangenheit konnte bisher nicht erbrochen werden, drum muss man sie ertrinken. Und das hier ist kein amüsanter Abend, kein geselliges Grüppchen, sondern ein trauriger Haufen, eine Versammlung der Versager – das Kollektiv des Schluckens. Täglich treffen sie sich hier ein, um ihre Unreife zu präsentieren; eine Art Wettkampf, in dem sie um den Preis der größten Fremdscham kämpfen. Die gute Nachricht: alle teilen sie sich den ersten Platz, mit einer Flasche Bier in der einen und einem Schnaps in der anderen Hand. Von der Theke, ihrem Podest, gestützt, als verrottende Wurmfortsätze, die sehnsüchtig um das Delirium bechern. Und an jedem neuen Tag die Chance, sich zurück in diese Grotte zu saufen. Dieser Ort, an dem wohl alles egal scheint und nur ein Dogma gilt: Bedeutungslosigkeit. Die Alkoholiker des Dorfes haben sich hier eine Tradition erschaffen: stinkbesoffen die Zeit zu verschwenden, bis der Tod endlich kommt – und bis dahin an die giftige Abgängigkeit gekettet.

 

Mother India – Kraaifontein, 01.12.17

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